[Fortsetzung! – Den ersten Teil finden Sie HIER!]
Und vor allem die sozialen und psychologischen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie werden solche Wertewechsel stark beeinflussen und befördern. Schon seit 2019 macht eine positive Wertevariante des modernen Reiseverhaltens in Schweden Furore: tågskryt, was man meistens und insbesonders in den sozialen Medien mit „Zugstolz“ übersetzt.
Aber es sind nicht nur neue sozioökologische Werte, die das internationale Reisegeschehen stark verändern. Schon seit mehreren Jahrzehnten erkennen wir Tourismusexperten einen anderen nachhaltigen Trend im internationalen Tourismus: schleichende Entschleunigung in Reiseverkehren. Mit Durchbruch des internationalen Flugverkehrs seit den 1950er Jahren auf Basis reichweitenstarker Propellerflugzeuge wie die Douglas DC-6 oder Lockheed Constellation und der nachfolgenden Einführung von Düsenjets wie Lockheed Super Constellation und schließlich in den 1970er Jahren die Boing 747 (Jumbo Jet) stieg die Reisegeschwindigkeit im Flugverkehr kontinuierlich an. Den Höhepunkt in der Reisegeschwindigkeit erreichte die Düsenjettechnik mit der kommerziellen Inbetriebnahme von Überschallfleugzeugen wie die russische Tupolew Tu-144 (1975-1978) und die französich-britische Concorde (1976-2003). Die Strecke New York – London konnte so in nur 3 bis 3,5 Stunden Flugzeit bewältigt werden, also etwa in der Hälfe der Zeit, die moderne Unterschalljets benötigen.
Sogar metropolitane Lebenstile sehr wohlhabender Großstädter entwickelten sich unter Nutzung des Concorde-Linien. So etwa der Lebenstil der sogenannten NyLons; diese waren Personen, die regelmäßig mehrmals wöchentlich oder sogar täglich zwischen den Metropolen London und New York hin und her flogen.
Aber diese Überschallflugzeuge waren verkehrsökologische Dinosaurier. Sie verbrauchten auf ihren Langstreckenflügen Unmengen von Kerosin und produzierten Unmengen von giftigen Abgasen und ihre Flüge verursachten übergroße Lärmschleppen. Nach einem verheerenden Absturz einer Concorde 25. Juli 2000 auf dem Flughafen Paris Charles de Gaulle wurde das endgültige Ende (2003) des kommerziellen Überschallfluges eingeleitet.
Statt weiterer Beschleunigung ergab sich ab dem Jahrtausendwechsel nach und nach eine Entschleunigung des internationalen Flugverkehrs. Überschallflugzeuge gab es nicht mehr und auch die Unterschallflugzeuge flogen auf vielen Strecken plötzlich deuttich langsamer. Dies hatte häufig mit lokalen Problemen in der Flugabfertigung an den Flughäfen zu tun. Auf den vielgenutzten Großflughäfen kam es immer öfter zu einem Anflugstau, und anfliegende Flugzeuge wurden z. T. in stundelangen Warteschleifen im Luftraum um die Flughäfen herum „geparkt“. Ein teures Parken in der Luft, das viele Fluggesellschaften dadurch zu vermeiden such(t)en, indem sie Flugzeuge schon Stunden vorher soviel langsamer fliegen ließen, dass sie pünktlich für einen auf einen späteren Zeitpunkt verschobenen Landeslot am Zielflughafen auftauchten. Die Gründe für die Flugstaus an den Großflughäfen sind vielfältig. So spielen Wetterkapriolen wie die typischen winterlichen Schnee- und Eisstürme im Nordosten der USA oder ozeanische Sommerstürme (Orkane, Hurrikans, Taifune, tropische Zyklone etc.) aber auch überfordertes Abfertigungsmanagement (Ground Handling) und die nach den 9-11-Terrorattacken eingeführten verschärften und langwierigen Sicherheitsmaßnahmen eine gewichtige Rolle.
Auch nach dem möglichen Abflauen der Covid-19-Pandemie im Sommerhalbjahr 2021 ist mit einer weiteren Entschleunigung an den Kontenpunkten des internationalen Tourismus, insbesonders den Flughäfen, zu rechnen. Gesundheitschecks wie Fiebermessungen und Ähnliches werden an der Tagesordnung sein. Die sogenannten Travel Hassles (An- und Abreiseprobleme) werden weiter zunehmen und mehr und mehr Menschen werden das besagte Staycation, also Urlaub in der eigenen Region, als neue Urlaubsvariante wählen.
[… eine weitere Fortsetzung folgt vielleicht!]